Eine neue Ära auf dem Promenadenring beginnt: Rad frei!
Die Stadt Leipzig setzte am 28. März 2022, nach langem Warten, den Stadtratsbeschluss für besseren und sicheren Radverkehr auf dem Promenadenring um. Weitere Markierungsabschnitte folgen – ein erster Schritt in Richtung Verkehrswende wurde begonnen.
Am Nachmittag des 28. März 2022 wurde der westliche Teil des Promenadenrings mit einer Begehung von Baubürgermeister Thomas Dienberg, Amtsleiter Verkehrs- und Tiefbauamt Michael Jana und ADFC Leipzig-Vorsitzender Robert Strehler eingeweiht und die ersten Markierungen zwischen Käthe-Kollwitz- und Gottschedstraße als weitere Stufe in der Umsetzung der Mobilitätsstrategie 2030 begutachtet. Oberbürgermeister Burkhard Jung äußerte sich zu diesem Schritt mit den Worten: „Wir nehmen es mit der Verkehrswende in Leipzig ernst und zeigen nun auf diesem Ringabschnitt, dass der Straßenraum allen Verkehrsteilnehmern gehört. Die Dominanz des Autos wirkt hier aus der Zeit gefallen.“
"Das Oberverwaltungsgerichts Bautzen hat den klaren Urteilsspruch gefällt, dass wir den Radverkehr auf dem Ring nicht einfach reingeben dürfen, sondern für eine entsprechende Organisation und Sicherheit sorgen müssen. Auch an den Knotenpunkten müssen entsprechende Signalisierungen für den Mischverkehr vorherrschen. Zum anderen hätten wir gern schon früher mit den Markierungsarbeiten losgelegt aber mussten uns an der Witterung orientieren – da die Markierungsarbeiten eine entsprechende Witterung benötigen. Man sagt die Temperaturen dürfen nicht unter sechs Grad liegen. Radverkehr muss sicherer und komfortabler werden – auch an diesen neuralgischen Stellen. Wir wollen eine unkomplizierte Lösung und haben uns dafür entschieden auf einen Kfz-Fahrstreifen zu verzichten und diesen für den Radverkehr bereitzustellen. Besonders für Leipzig trifft zu, dass der Fuß- und Radverkehr in den letzten Jahrzehnten nicht in der Weise berücksichtig wurde was den Ausbau der Infrastruktur angeht wie es eigentlich den Zahlen der Fahrradfahrer*innen in Leipzig entspricht. Insofern ist aus meiner Sicht ein enormaler Nachholbedarf entstanden, der auch mit der Markierung am Innenstadtring nicht gedeckt ist – auch in vielen Quartieren in der Stadt wird es weitergehen müssen. Wir wollen die Rahmenbedingungen für den Fuß- und Radverkehr verbessern, damit der Umstieg vom Auto leichter fällt. Das bedeutet aber, dass wir den Radfahrerinnen und Radfahrern mehr Angebote machen und ihnen vor allem eine sichere Infrastruktur bieten müssen. Und diese endet nicht am Innenstadtring", so Dienberg.
In den kommenden Wochen werden die Fahrradspuren im laufenden Verkehr markiert und die Arbeitsbereiche jeweils schrittweise abgesperrt. Konkret wird zunächst auf der äußeren Fahrspur der Radfahrstreifen von der Bosestraße bis zur Straße Alter Amtshof weitergeführt. Der Radfahrstreifen wird zudem hinter der Kreuzung Martin-Luther-Ring/Karl-Tauchnitz-Straße über ein kurzes Stück hinweg fortgesetzt. Anschließend wird eine Radspur auf der inneren Fahrspur vor dem Neuen Rathaus bis hin zum Museum in der Runden Ecke markiert. In den nächsten fünf bis sechs Wochen werden die Radverkehrsanlagen auf dem gesamten Dittrichring in beiden Richtungen weiß abmarkiert und anschließend mit grüner Farbe gestrichen. Auch die lang geforderte Harkortstraße bekommt für die ersten 50-60 Meter den neuen Radstreifen – im nächsten Schritt wird die Harkortstraße als Folgeprojekt im kommenden Jahr fortgeführt. 2023 soll zudem die Planung des Abschnitts vom Augustus- bis zum Rossplatz auf der inneren Fahrspur vorangetrieben werden.
Wir als ADFC Leipzig sind davon überzeugt, dass wir in Zeiten von geopolitischen Notständen, Klimakrisen, einer fortschreitenden Flächenversiegelung, zügigen Ressourcenverbrauchs und damit verbundenen Abhängigkeiten eine neue Dynamik für die Verkehrswende benötigen. Wir brauchen ein politisches Handeln für sichere, alltagstaugliche, erdölfreie Mobilität für alle Altersgruppen. (Siehe offener Brief "Fossil mobil hat keinen Stil") Wir müssen auf umwelt- und klimafreundliche Verkehrsträger setzen, die uns Richtung Zukunft bringen. Das Fahrrad muss im Mittelpunkt dieser Bewegung stehen.
Weitere Informationen zur neuen Verkehrsführung: https://www.leipzig.de/news/news/neue-verkehrsfuehrung-fuer-radverkehr-auf-dem-promenadenring
Zum Hintergrund für einen Radfahrstreifen auf dem Innenstadtring:
Entlang des Dittrichrings werden im Frühjahr 2022 Radfahrstreifen markiert. Dafür wird einer der bestehenden Fahrstreifen je Richtung dem Kfz-Verkehr entzogen und dem Radverkehr zur Verfügung gestellt. Für eine hochbelastete Hauptverkehrsstraße wie den Dittrichring schreibt das technische Regelwerk vom Kfz-Verkehr getrennte Radverkehrsanlagen vor. Trotz des Rückgangs des Kfz-Verkehrs am Dittrichring in den letzten Jahren hat sich an daran nichts geändert. Dies war bislang nur nicht notwendig geworden, da Verkehrsverbot für den Radverkehr angeordnet war. Durch das Gerichtsurteil des Oberverwaltungsgerichts Bautzen vom 6. September 2018, dass die Stadtverwaltung zur Aufhebung des Verkehrsverbots nach mehreren Jahrzehnten zwingt, ist es nun an der Zeit zu handeln und dem Radverkehr angemessene sichere Flächen zur Verfügung zu stellen. Dazu kommt noch der Stadtratsbeschluss vom Oktober 2021, der die Verwaltung zum Handeln auffordert.
Ein Stauchaos im Autoverkehr, wie vom ADAC oder Leipziger Gewerbetreibenden befürchtet, wird aber ausbleiben. Da die Kapazität von Straßen sich im Wesentlichen an den Knotenpunkten entscheidet und hier weiterhin mehrere Fahrstreifen für den Kfz-Verkehr zur Verfügung stehen, wird das Verkehrssystem nicht zusammenbrechen oder zerstört. Im Gegenteil: Es wird ein Angebot für die schwächeren Verkehrsteilnehmenden geschaffen, zu denen auch Radfahrende gehören! Für zahlreiche Wegerelationen (und Anlieger*innen) sind die schlecht gestalteten Fahrradstraßenabschnitte auf dem inneren Dittrichring keine Alternative und bedeutet unnötige Umwege, Wartezeiten und Querungen. Weitere Informationen unter: https://leipzig.adfc.de/neuigkeit/stellungnahme-zu-adac-sachsen-brief-verkehrspolitik-am-innenstadtring