Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Kreisverband Leipzig e. V.

Kommentar zum LVZ-Artikel: Die CDU will den City-Ring autofreundlicher gestalten

Wir kritisieren die einseitige Berichterstattung und die fehlerhafte Darstellung verkehrspolitischer Themen zum City-Ring. Wir bieten unsere fachliche Expertise an, um die Perspektiven von Rad- und Fußverkehr noch stärker einzubringen.

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Der Leipziger City-Ring sollte mehr als nur eine Autoverbindung sein. Als zentraler Raum der Innenstadt muss er so gestaltet werden, dass Rad- und Fußverkehr sicher, komfortabel und sichtbar Platz finden. Der ADFC Leipzig setzt sich dafür ein, dass alle Verkehrsteilnehmenden im Herzen der Stadt gleichermaßen berücksichtigt werden. © Philipp Böhme

Mit Verwunderung haben wir den Artikel "Radwege wieder weg? Leipziger CDU will den City-Ring autofreundlicher machen" in der Wochenendausgabe vom 14./15. Dezember 2024 zur Kenntnis genommen. Als größter Interessenverband der Radfahrenden in Leipzig bewerten wir die Inhalte des Artikels kritisch und stellen, trotz einzelner zitierter Stellungnahmen anderer Parteien, die journalistische Ausgewogenheit des Artikels auch fachlichen Gründen in Frage. Die journalistische Aufarbeitung des Themas weist aus unserer Sicht erhebliche Defizite auf. Besonders kritisch sehen wir:

1. Die fehlende Einholung von Gegenpositionen: Trotz unserer seit September bestehenden Gesprächsangebote an alle Stadtratsfraktionen und unserer ausgewiesenen Expertise in Fragen der Radverkehrsplanung wurde der ADFC Leipzig bislang nicht durch die CDU Leipzig in die Erarbeitung des nur grob umrissenen "Mobilitätskonzepts" für den City-Ring einbezogen. Auch Herr Rometsch (LVZ) hat uns nicht für Rückfragen kontaktiert. Dies wäre vor dem Hintergrund der weitreichenden Vorschläge zur Umgestaltung der Radverkehrsinfrastruktur am Ring journalistisch geboten gewesen. Es bleibt völlig unklar, woher die angebliche fachliche Unterstützung für das "Mobilitätskonzept" stammt, welche Daten zugrunde liegen und welche Analysen dafür durchgeführt wurden. Wurden erfolgreiche Beispiele anderer Städte berücksichtigt?

2. Die unkritische Übernahme unbelegter und falscher Behauptungen: Folgende Beispiele verdeutlichen das Problem:

  • “Die dritte der vier Fahrspuren ist ja eigentlich nur weggenommen worden, damit ein Sicherheitspuffer bleibt, damit die Autos absolut nie den Radfahrern zu nahe kommen.” → Diese Darstellung ist falsch. Die Fahrstreifenaufteilung war u.a. notwendig, um den Radfahrstreifen in Mittellage realisieren zu können und die Leistungsfähigkeit der linken zwei Fahrstreifen sicherzustellen.
  • "Dann hätten wir drei Fahrspuren für die Pkw und damit weniger Stau am frühen Morgen und am Nachmittag." → Welche Daten untermauern diese Behauptung? Wurden Rebound-Effekte berücksichtigt? Wurden vor allem die Charakteristika der Signalisierung einbezogen? Welche Nachteile entstehen durch die Änderungen für Rad- und Fußverkehr?
  • "Man muss die Radfahrer an der Stelle gar nicht durch die vielen Autos schieben. Ich finde das kreuzgefährlich. Die Unfallstatistiken zeigen ja leider auch, dass es nicht klappt." → Diese Behauptung ist nachweislich falsch und wird durch keine Unfalldaten gestützt.

3. Das Fehlen wichtiger Kontextinformationen: Das vorgeschlagene Konzept von Herrn Dossin würde zu erheblichen Nachteilen für den Radverkehr führen und ist an wesentlichen Punkten im bestehenden Straßenraum kaum umsetzbar. Eine vollständige Analyse aller im Artikel genannten Abschnitte würde den Rahmen sprengen, weshalb wir uns auf den Bereich am Hauptbahnhof konzentrieren: Die vorgeschlagene Radverkehrsführung vor dem Astoria lässt sich unter Berücksichtigung der Belange des Fußverkehrs und der geltenden technischen Regelwerke nicht verträglich realisieren. Zudem ignoriert das Konzept die zu erwartenden Verschlechterungen für den Radverkehr durch verlängerte Wartezeiten an den Signalanlagen. Die aktuelle Führung ermöglicht es Radfahrenden, vom Hauptbahnhof in einem einzigen Ampeldurchgang bis zur Gerberstraße und zum Goerdelerring zu gelangen – eine von der Radverkehrscommunity hochgeschätzte Qualitätsverbesserung.

4. Fehlender überregionaler Kontext: Die Forderung zum Rückbau von Radverkehrsanlagen erfolgt zu einem Zeitpunkt, an dem zahlreiche andere Städte vergleichbare Projekte umsetzen, wie beispielsweise in Köln mit den letzten Lückenschlüssen an den Innenringen. Auch in München werden ähnliche Projekte am Altstadtring verfolgt. Diese Entwicklungen hätte im Artikel durchaus Erwähnung finden können.

Als zivilgesellschaftlicher Akteur mit ca. 2.400 Mitgliedern in Leipzig erwarten wir eine ausgewogene Berichterstattung zu verkehrspolitischen Themen. Wir bieten Ihnen gerne ein ausführliches Gespräch an, um unsere Expertise und Perspektive zu den vorgeschlagenen Veränderungen am City-Ring darzulegen.

Zudem regen wir an, dass die Redaktion eine gründliche Aufarbeitung des Themas vornimmt, bei der Expertinnen und Experten zum Thema zu Wort kommen. Zudem müssen die Perspektiven von Radfahrenden, zu Fuß Gehenden und ÖPNV-Nutzenden stärker in den Blick genommen werden. Deren Interessen und Bedürfnisse kommen im vorliegenden Artikel nicht vor. Dies könnte in Form eines ausführlichen Hintergrundberichts geschehen, der die verschiedenen Perspektiven und die verfügbaren Daten zur Verkehrssicherheit und zum Verkehrsablauf sachgerecht darstellt.

der Vorstand des ADFC Leipzig sowie die AG Verkehr


https://leipzig.adfc.de/neuigkeit/kommentar-zum-lvz-artikel-die-cdu-will-den-city-ring-autofreundlicher-gestalten

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